Mitteldeutsche Zeitung vom 23.04.2005 |
||
|
||
Bild r.: Weinbaufreund und -forscher Bernhard Gremler, in Höhnstedt abgefüllter "Blauer Bernburger"®: Schmeckt nach unserer Region. MZ-Foto: Engelbert Pülicher
Bild m.: Grüne Apotheke in Bernburg, in der auch Wein angeboten wurde.
|
||
Grüner Apotheker als blauer WeinhändlerWeinbaufreunde begaben sich auf SpurensucheVon BERNHARD GREMLER
Bernburg/MZ. Jene dankbare Weinrebe, die der Volksmund seit über 100 Jahren den "Blauen Bernburger"®
nennt, erlebt in diesen Jahren eine wahre Renaissance an Interesse und Anbau. Vitale Wuchskraft und naturgegebene
Resistenz gegenüber Pilzbefall (Mehltau u.a.) gewährleisten giftstofffreien Ökoanbau und sichere Erträge. Lizenz zum Weinhandel
Die "Grüne Apotheke" in Bernburgs Talstadt erhielt im Jahre 1696 von der fürstlichen Administration die Erlaubnis zum
Weinhandel, feierlich verbrieft in einer "Declaratio Privilegii". Keine andere Apotheke in Bernburg konnte eine derartige
Sonderstellung aufweisen, was für die "Grüne" natürlich ein unglaublich wertvolles zweites Standbein bedeutete. Allerdings
galt dieses Weinprivileg nur so lange, bis die Ratsschenke wieder in den Weinhandel einsteigen konnte. Warum das um 1696
nicht möglich war, geht aus den Aufzeichnungen im Zusammenhang mit dem Weinprivileg nicht hervor. Auf Weinsuche
Wollte der Prinzipal der "Grünen" das Weingeschäft einigermaßen im Fluss halten, musste er nach neuen Rebsorten Ausschau
halten, die außerhalb des Verbotes lagen. Das scheint lange Zeit ohne nennenswerten Erfolg geblieben zu sein. Im Jahre
1759 übernimmt Ludwig Bernhard Schulze (1730 - 1785) die "Grüne Apotheke". Eine Neubelebung des Weinhandels scheint damit
verbunden gewesen zu sein. Schulze ist in seinem Nebenberuf vermutlich nicht nur Weinhändler, er ist auch Weinreisender,
Weinkenner und Weinbauer. Zerbster Parallele
Im Jahre 1815, nach anderen Angaben 1816, verstarb in Zerbst der angesehene Gartenbauer Johann Carl Corthum. Er hinterließ mit dem "Handbuch für Gartenfreunde und Blumenliebhaber . . ." ein unvergessliches Standardwerk des Gartenbaus, das auch eine Beschreibung von über 230 Weinsorten enthält. Corthum erwähnt darin auch die Amerikarebe "Vitis Labrusca" und beruft sich auf Erfahrungen aus einem 50-jährigem Anbau. Von 1816 gut 50 Jahre zurück gerechnet, mehr oder weniger, das zielt hin auf eine Zeit um 1770. Damit liegt der Zerbster Anbau durch Corthum im gleichen Zeitabschnitt wie der Bernburger Anbau durch Schulze. Bekannt ist weiterhin, dass der schwedische Naturforscher Carl von Linné 1763 als erster diese Rebsorte beschreibt. Sie muss also durch Überseehandel in jenen Jahren aus Nordamerika nach Westeuropa gelangt sein, in erster Line vermutlich in das Weinland Frankreich. Weinberge erobern
An der unteren Saale im Landschaftsgebiet von Bernburg ist der Anbauerfolg kulturprägend für den weiteren Weinanbau. Die Fürsten zu Anhalt, sie mögen damals 30 bis 35 Hektar Land unter Rebkultur gehalten haben, ließen weite Flächen mit der Amerikarebe bepflanze. Auch ein Name wurde nun gefunden und die Weinsorte hieß fortan der "Gute Blaue". Man wählte damit eine Symbolbezeichnung, die immerhin zwei lobenswerte Eigenschaften beschreibt: "Gut und Blau". Ein trockener Roter mit HeimatbukettErster "Blauer Bernburger"® in Flaschen abgefülltVon unserem Redakteur R A I M U N D L E O N H A R D T
Bernburg/MZ. Nein, er ist kein lieblicher Tropfen: Der "Blaue Bernburger"®, von den Weinbaufreunden um Bernhard Gremler gelesen und in Höhnstedt bei einem dortigen Winzer abgefüllt, ist ein herber Roter. "Trocken ausgebaut, wie unsere Gegend." B E R N H A R D G R E M L E R W E I N B A U F R E U N D
Aus den 370 Kilo "Blauem Bernburger"®, den die Hobby-Winzer im Herbst von den Ranken an Mauern, Hauswänden oder Spalieren geschnitten haben, sind 320 Liter Wein geworden, abgefüllt in 640 Halbliterflaschen. |